Wasser ist eine knappe und daher kostbare Ressource, die es mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zu schützen gilt. Das bedeutet, dass Leckagen an Trinkwasserverteilungsanlagen (TRWV) schnell gefunden werden müssen, um die Wasserverluste zu minimieren.
Druckprüfung vor der Inbetriebnahme von Wasserleitungen
Um die Dichtheit einer neuen Rohrleitung vor der Inbetriebnahme festzustellen, gibt es in Deutschland das Arbeitsblatt W 400-2 des DVGW, das im August 2022 in neuer Fassung veröffentlicht wurde. Darin sind technische Standards und klare Vorgaben zur Prüfung von Rohrleitungen festgelegt, welche bereits ein hohes Maß an Betriebssicherheit zum Schutz der Ressource Wasser gewährleisten.
Automatisierte Leckortung - Korrelation
Bei in Betrieb befindlichen Leitungen kann eine automatisierte und permanente Leckortung mit dem Prinzip der Korrelation stattfinden. Dabei wird die Laufzeitdifferenz von Schallwellen in der Rohrleitung mithilfe von Bodenmikrofonen gemessen. Diese Schallwellen entstehen durch austretendes Wasser aufgrund von Leckagen und „wandern“ entlang der Rohrleitung. Die Anwendung dieses Prinzips ist vor allem bei metallischen Leitungen sinnvoll, da diese den Schall gut weiterleiten.
In neueren Leitungen aus Kunststoff kann sich der Schall schlechter verbreiten. Zudem kommt dieses Verfahren in der Praxis mittlerweile an Grenzen, da Lecks durch störende Nebengeräusche und steigenden Lärm schwerer zu lokalisieren sind. Außerdem erfordert ein Einsatz von Bodenmikrofonen und dazugehörigen Geräuschloggern (Korrelatoren) hohe Anfangsinvestitionen und laufende Betriebskosten, die sich je nach Art des Netzes bzw. der Leitungen sowie deren Qualität erst relativ spät amortisieren. Nicht immer lassen sich Leckstellen daher mit diesem Verfahren auf wirtschaftliche Art und Weise finden.
Leckortung an Wasserleitungen mit Formiergas
Mit dem Formiergasverfahren gibt es eine weitere, relativ günstige Möglichkeit zur Leckortung. Dieses Verfahren wird auch zur Lecksuche an Klimaanlagen in Fahrzeugen genutzt, kann aber ebenso gut an Wasserleitungen eingesetzt werden. Hierbei wird „Formiergas“ oder auch „Tracergas“ in eine in Betrieb befindliche Wasserleitung eingespeist.
Was ist Formiergas?
Das Gas besteht in der Regel aus 5 Vol.% Wasserstoff und 95 Vol.% Stickstoff. Gelegentlich gibt es auch ein Verhältnis von 10/90 oder sogar 20/80, wobei letzteres üblicherweise als Schutzgas beim Schweißen verwendet wird. Der Vorteil eines 5-prozentigen Wasserstoffanteils ist die Tatsache, dass dieses Gemisch nicht entzündlich und damit sehr sicher in der Anwendung ist. Früher wurde anstelle von Stickstoff auch Helium als Trägergas genutzt. Da Helium mittlerweile jedoch relativ teuer geworden ist, wird überwiegend die Kombination aus Wasserstoff und Stickstoff genutzt.
Wie funktioniert das Formiergasverfahren?
Das Prinzip bei diesem Verfahren ist das gleiche, wie bei der oberirdischen Lecksuche an erdverlegten Gasleitungen. Der mit dem Formiergas eingespeiste Wasserstoff gelangt durch seine sehr kleine Molekülgröße (es ist das kleinste Gasmolekül) auch durch kleine Leckstellen in der Rohrleitung nach außen. Aufgrund seiner geringen Dichte ist Wasserstoff leichter als Luft und steigt daher nach oben. Oberhalb der Leitung wird das Gas mit einer geeigneten Sonde (z. B. Teppich– oder Glockensonde) und einem auf Wasserstoff kalibrierten Gasspürgerät (z. B. HUNTER Tracergas) detektiert (Vorortung).
Bei sehr kleinen Leckstellen oder schwierigen Bodenverhältnissen und damit verbundenen Schwierigkeiten in der Detektion kann zusätzlich eine mobile Vakuumpumpe eingesetzt werden, die das Gas mit einer speziellen Glockensonde über dem Boden absaugt und dem Messgerät zuführt. Mit einer Bohrlochsonde kann nach einer oberirdischen Detektion von Wasserstoff die Gaskonzentration im Boden gemessen werden, um die Leckstelle genau zu lokalisieren (Lokalisation).
Wieviel Formiergas benötigt man und wo wird es eingespeist?
Der Anteil der Formiergas-Beimischung richtet sich nach der vorherrschenden Wassertemperatur und dem Wasserdruck und liegt zwischen zwei und über zehn Prozent des Wasserdurchflusses. Diese Menge ist gut im Wasser lösbar und es entstehen keine Probleme beim laufenden Betrieb in der Verteilung. Außerdem spielt die Größe des Lecks eine Rolle. Je größer das Leck, desto mehr Gas muss eingespeist werden. Selbst wenn sich das Leck an der ungünstigsten Stelle, z. B. der Rohrsohle, befindet, tritt das Wasser-Gas-Gemisch dort aus. Die Höhenlage bzw. der Leitungsverlauf ist jedoch zu beachten, falls das Leck an einer tieferen Stelle liegt als der geplante Einspeisepunkt. In diesem Fall sollte ein anderer Punkt für die Einspeisung gewählt werden, der tiefer liegt.
Als Einspeisepunkte eignen sich generell:
- Hydranten
- Demontierte Wasserzähler
Wie speist man Formiergas ein?
Die Einspeisung erfolgt meist über Hochdruckflaschen mit geeigneten Druckminderern. Um die gewünschte Einspeisemenge sicherzustellen, ist die Verwendung eines Durchflussmessgerätes empfehlenswert, bspw. der Einfüllkoffer TIB 40. Bei Leckagen in Hausanschlussleitungen kann die Einspeisung über den Wasserzähleranschluss erfolgen, nachdem der Zähler demontiert wurde. Das Formiergas „fließt“ dann entgegen der regulären Flussrichtung des Wassers bis zur Leckage, da keine reguläre Wasserabnahme stattfindet und das Wasser in der Hausanschlussleitung nicht fließt.
Nach der Einspeisung sollte man eine gewisse Zeit abwarten bevor man die Vorortung mittels Gasspürgeräts und Sonde beginnt, da das Gas einige Zeit benötigt, um an die Oberfläche zu gelangen. Einen Einfluss darauf haben vor allem die eingespeiste Menge an Formiergas und die Größe des Lecks sowie die Bodenbeschaffenheit bzw. -durchlässigkeit.
Was sind die Vorteile von Formiergas?
Durch das Formiergasverfahren werden zeitaufwendige und teure Aufgrabungen vermieden, die ansonsten erforderlich wären, wenn akustische Verfahren wie die Korrelation nicht oder nicht gut eingesetzt werden können (z. B. bei Kunststoffleitungen).
Ein weiterer Vorteil dieses Verfahrens ist die Nutzung an versteckt liegenden Wasserleitungen im Installationsbereich (z. B. hinter Putz liegend). Die Leitungen lassen sich mit akustischen Verfahren nicht auf Leckagen überprüfen. Das gleiche Gasspürgerät, dass bereits für die oberirdische Lecksuche draußen eingesetzt wird, kann auch hier verwendet werden. Dazu wird lediglich die Sonde getauscht und über eine Schnellkupplung ein Schwanenhals am Gerät montiert.
Der im Formiergas enthaltene Wasserstoff durchdringt aufgrund seiner kleinen Molekülgröße auch gemauerte Wände und Putz. Nicht selten lassen sich dadurch Leckagen detektieren, die ansonsten nur schwer zu finden sind.
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