Unser Gastautor, Holger Schröder, ist ein absoluter Experte auf diesem Fachgebiet, er ist TRGI Sachverständiger und Mitautor des Kommentars der TRGI 2018.

Industriegasunternehmen verteilen über ihre Leitungssysteme i. d. R. Strom, Erdgas und Trinkwasser eigenverantwortlich auf Ihrem Betriebsgelände. Der Anschlussnehmer oder genauer gesagt die Unternehmensleitung ist für den ordnungsgemäßen Zustand dieser technischen Anlage verantwortlich. Die Verantwortung beginnt meist hinter der Gasmess- und Regelanlage und endet hinter der Abgasabführung.

Eine nach den gesetzlichen Regelungen und den einschlägigen Regelwerken des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches (DVGW) erstellte Gasanlage bietet die Voraussetzung für einen ordnungsgemäßen Betrieb der Gasanlage auf Dauer.

Gasleitung-Korrosion

Während des Betriebes können sich verändernde Randbedingungen wie Witterungseinflüsse, korrosive Umgebungsluft oder mechanische Beschädigungen auf die Sicherheit auswirken. Zur Sicherstellung der einwandfreien Funktion und Erhaltung des betriebssicheren Zustandes müssen die einschlägigen Betriebsanleitungen, Angaben der Bauteile- und Gerätehersteller berücksichtigt werden. Auch der DVGW empfiehlt regelmäßig wiederkehrende Kontroll- und Überprüfungsmaßnahmen in festgelegten Zeitintervallen mit abschließender schriftlicher Dokumentation.

Als Netzbetreiber ist man gut beraten, seine Industriekunden umfangreich über dieses Thema zu informieren. Bewährt haben sich Überblicksveranstaltungen von rund 90 Minuten. Darauf aufbauend sollten Individuelle persönliche Gespräche über die Notwendigkeiten einer umfangreichen Anlageninspektion mit der Unternehmensleitung und den technisch Verantwortlichen geführt werden.

Gasanlage

Die Erdgasversorgung des in diesem Blog vorgestellten Unternehmens erfolgte aus dem Mitteldrucknetz des örtlichen Netzbetreibers. In der firmeneigenen Gasmess- und Regelanlage wurde der Betriebsdruck auf 100 hPa (mbar) reduziert.

Das Leitungsnetz bestand aus erd- und freiverlegten Außenleitungen sowie freiverlegten Innenleitungen.

Somit war eine umfangreiche Materialvielfalt bei der Überprüfung zu erwarten. Der Bereich der Gasverwendung bestand aus, für industrielle Anlagen üblichen, Deckenstrahlern, Heizkesseln und Brennern zur Vorwärmung von Werkstoffen.

Der hier beschriebene Prüfumfang erstreckt sich nur auf die Leitungsanlage und deren Bauteile bis einschließlich der Geräteabsperreinrichtung.

Nach Angaben des Betreibers wurden die Gasgeräte-Anschlussleitungen sowie der allgemeine Gas-Gerätezustand im Rahmen der Gasgerätewartung von Fachunternehmen inspiziert.

Verbindungen-Industriegasanlage

Verfahren und Messgeräte zur Überprüfung der Dichtheit

Die Beurteilung der zugänglichen freiverlegten Gasleitung auf Dichtheit wurde mittels Gasspürgerät LeckOmiO EX durchgeführt. Dieses Gerät detektierte über einen hochempfindlichen Handsensor kleinste Gaskonzentrationen und erfüllte selbstverständlich die Anforderungen aus dem DVGW (H) G 465-4 Gasspür- und Gaskonzentrationsmessgeräte für die Überprüfung von Gasanlagen.

Leckomio und smart memo - Industriegas

Eine erdverlegte Rohrleitung musste aus betriebstechnischen Gründen mittels Druckmessung auf Dichtheit geprüft werden. Hierzu konnten Betriebsteile durch Abschieber vorübergehend außer Betrieb genommen werden. An einer Messöffnung wurde der Druckmesskoffer smart memo angeschlossen, der über einen mehrstündigen Zeitraum den Druckverlauf aufzeichnete. Der Prüfdruck lag rund 5% unter dem tatsächlichen Betriebsdruck. Dadurch konnten die abgesperrten Schieber gleichzeitig auf innere Dichtheit geprüft werden. Zum Abschluss wurde das Diagramm ausgewertet.

Zeit sparen im Arbeitsalltag - Welche Möglichkeiten bietet die neuste Technik für die Überprüfung von Gasanlagen?

Ergänzend zu der üblichen Vorgehensweise gibt es weitere Möglichkeiten zur Gesamtbetrachtung. Die bewährten Methoden und das Arbeiten mit Handmessgeräten, können hierdurch unterstützt werden, diese aber nicht ersetzen.

Drohneneinsatz im Außenbereich

Drohneneinsatz-Industrieanlage

Die Überprüfung einer großen Industrieanlage mit einem Handmessgerät nimmt viel Zeit in Anspruch. Nicht alle Leitungsteile sind frei zugänglich und viele Kilometer Gasleitung müssen überprüft werden. Freiverlegte Außenleitungen, die eventuell witterungsbedingte Schäden aufweisen, können in einem ersten Schritt mit Hilfe einer Drohne und einer Kamera lokalisiert werden. Der Prüfer vor Ort kann hierzu einem geübten Spezialisten – der die Drohne fliegt, genaue Anweisungen geben welche Positionen angeflogen werden müssen und über eine Übertragung im Display beurteilen, welche Stellen der Gasleitungen in einem zweiten Schritt mit einem Handmessgerät auf Dichtheit geprüft werden. Mit dieser Vorgehensweise können in der Praxis viele Kilometer Außenleitungen in kürzerer Zeit kontrolliert und inspiziert werden. Der Prüfer kann sich so schneller einen Überblick über den Gesamtzustand der Anlage verschaffen.

Gasferndetektion im Außenbereich

GasCam-Industrieanlage

Eine weitere Möglichkeit der Überprüfung der Gasleitungen im Außenbereich bietet die neuste Technologie im Bereich Gasferndetektion, wie z.B. die GasCam. Als hochspezialisiertes System für die Detektion von Methan ist sie für die Dichtigkeitsüberprüfung von Biogas- und Erdgasanlagen entwickelt worden. Bei der GasCam handelt es sich um eine innovative Entwicklung im Bereich der passiven Gasferndetektion mittels Infrarot-Spektro-Radiometrie. Durch das passive Infrarotverfahren ist es möglich, Gasausbreitungen vor einem unreferenzierten Hintergrund, wie dem Himmel zu visualisieren. Auch aus Entfernungen von bis zu 100 m wird Methan sicher detektiert und als farbige Gaswolke vor dem Hintergrund in Echtzeit dargestellt.

Praxisvideo GasCam Indrustrie

Aktive Laser-Infrarotspektrometrie im Innenbereich

Für den Einsatz dieser Technik ist es erforderlich, dass der Laserstrahl reflektiert werden kann. Hierzu muss dieser lediglich auf die zu überprüfende Stelle gerichtet werden. Ausführliche Informationen zu diesem Thema finden Sie auch in unserem Blogbeitrag Gasferndetektion – Laser Infrarotspektrometrie.

Ein mobiles Lasermessgerät, mit dem sich schwer oder nicht zugängliche Bereiche und Gefahrenbereiche komfortabel aus der Entfernung überwachen lassen ist das ELLI.

Messprinzip ELLI

In einem weiteren Beitrag in unserer Reihe zum Thema Industriegas gehen wir anhand konkreter Beispiele aus der Praxis detailliert auf die möglich auftretenden Schadensstellen ein, ihre Aufnahme, Dokumentation und die daraus resultierenden Maßnahmen.